Verkehrskonzept Süd Wien 2016-2019

Da ich mich schon mehr als 20 Jahre über das öffentliche Verkehrsnetz in Liesing ärgerte, versuchte ich in 2016, mit ein Gesamtverkehrskonzept zu zeigen, das eine Verbesserung durchaus möglich ist, wenn man will!

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Gesamtverkehrskonzept für den 23. Bezirk (drauf klicken um zu vergrößern)

Ich habe das Verkehrskonzept den Bezirksparteien Neos, FPÖ, Grüne, ÖVP, Pro23 und SPÖ einzeln, sowie bei Verkehrskommissionssitzungen vorgestellt. Die FPÖ, Grünen und ÖVP waren gegenüber dem Konzept durchaus positiv eingestellt, jedoch wurde leider keine parteiübergreifende Plattform gebildet.  Das Bezirksparlament hat dazu eine Arbeitsgruppe eingerichtet. In der Bezirkspartei Neos Liesing, habe ich eine Partei gefunden, die das Konzept als politische Forderung voranbringt, gemeinsam weiter entwickelt und es voll unterstützt.

Eine Übersicht über das vorgeschlagene Konzept sowie die Motivation und Prinzipien dahinter.

Motivation

Der Autoverkehrsanteil in Wien sinkt seit Jahrzehnten, und der Stadtentwicklungsplan 2025 (STEP 2025) sieht vor, dass bis 2025 die Wienerinnen und Wiener nur noch 20% ihrer Wege mit dem Auto zurücklegen sollen. Leider 57% aller Wege in Liesing mit dem Auto zurückgelegt werden. Unser öffentliches Verkehrsnetz im Bezirk verfehlt den Bedarf.

Verkehrsentwicklung in Wien nach Verkehrsmitteln

In Liesing werden derzeit 57% aller Wege mit dem Auto zurückgelegt. In den vergleichbaren Außenbezirken Floridsdorf und Donaustadt sind es jedoch nur 38% (Quelle: VCÖ Bezirksstudie 2016).

Prozentualer Anteil des Autoverkehrs in den Wiener Gemeindebezirken

Das Auto ist im 23. Bezirk so attraktiv bzw. das öffentliche Verkehrsnetz verfehlt den bestehenden Bedarf aus verschiedenen Gründen :

  • Nur radiale Verbindungen (S-Bahn, U6, Badener Bahn, 60er) sind schnell.
  • Die Buslinien sind historisch gewachsene Zubringerlinien zu den radialen Verbindungen. Sie decken nach und nach hinzu gekommene Bedarfspunkte ab und sind nicht auf zeitliche Effizienz ausgelegt.
  • Die Bevölkerung im 23. Bezirk wächst beständig, unterstützt durch intensive Bautätigkeiten. Die Anpassung der Buslinien erfolgt nur schrittweise und hinkt dem aktuellen Bedarf hinterher.

Der Stadtentwicklungsplan 2025  (Seite 107) hat schon 2012 festgestellt, dass Handlungsbedarf besteht, um das hochgesteckte Ziel von 20% Autoverkehrsanteil zu erreichen. Hier ein Auszug:

  • Konsequente Beschleunigung des öffentlichen Verkehrs insbesondere bei
    Straßenbahn- und Busstrecken mit hoher Bedeutung für das Gesamtsystem.
  • Attraktivierung der Gestaltung und des Umfelds von Haltestellen und großen Umsteigeknotenpunkten. […]
  • Umsetzung von neuen tangentialen Straßenbahn- und Busverbindungen in
    Abstimmung mit der Stadtentwicklung. Besonders im Süden […] Wiens besteht Handlungsbedarf.

Eine wesentliche Verbesserung des öffentlichen Verkehrsnetzes im Süden von Wien ist ohne große finanzielle Summen und große Baustellen erreichbar.

Grundlagen

Sämtliche Buslinien sollen möglichst geradlinig geführt werden. Buslinien sollen sich an Umsteigeknoten treffen, die effizient und übersichtlich gestaltet sind. Der öffentliche Verkehr soll dadurch beschleunigt, die Lärmbelastung und der Kraftstoffverbrauch hingegen reduziert werden.

1. Geradlinigkeit

Das neue Buskonzept beruht vor allem auf der Idee, sämtliche Buslinien möglichst geradlinig zu führen. Das Bestandsnetz hat viele Umwege in der Routenführung. Durch deren Auflösung wäre es möglich, mit den gleichen Ressourcen zwei neue Buslinien zu schaffen oder einige bestehende Linien zu verlängern.
Eine Grundlage des Konzepts ist, dass sämtliche Buslinien möglichst geradlinig geführt werden sollen. Das Bestandsnetz hat viele Umwege in der Routenführung, hier einige Beispiele:

Beispiel: 61A Liesing – Neu Erlaa – Siebenhirten – Teufelsmühle

2013 wurden die Regionabuslinien 255 und 260 gekürzt. Die Linie 255 hatte bis dahin eine Routenführung über Breitenfurter Straße, Carlbergergasse, Herziggasse, Perfektastraße und über Neu Erlaa bis Teufelsmühle. Die Linie 260 fuhr über Brunner Straße und Atzgersdorfer Platz bis nach Hietzing. Als Ersatz für diese beiden Linien wurde die neue Buslinie 61A erschaffen, die den Streckenanteil im 23. Bezirk übernahm.

Durch die Linie 61A ist die Netzabdeckung im Bereich der eingestellten Regionalbuslinien gewährleistet, aber die Routenführung ist von großen Umwegen gekennzeichnet. Die Gesamtlinienlänge beträgt 6800m, aber von Endstation zu Endstation wäre der Fahrweg nur 3370m. Das ist ein Umwegverhältnis von mehr als 1:2, was sich natürlich in der Fahrzeit von Liesing nach Teufelsmühle bemerkbar macht. Die Bereiche um In den Wiesen und Neu Erlaa waren mit der alten Routenführung der Linie 255 besser bedient. Allerdings auf Kosten des Brunner Straße Abschnitts der ehemaligen Linie 260.

Beispiel: 66A Sauberg Umweg

Grundsätzlich ist es begrüßenswert, dass die Siedlungen, Kirchen und Schulen am Sau Berg mit Liesing (S-Bahn) und Alt Erlaa (U1) (und später U1) verbunden sind. Allerdings bedeutet dieser Umweg von  3084m den Sau Berg hinauf und in das Knotzenbach Tal hinunter eine 8-Minuten-Verzögerung für die Linie 66A im Vergleich zu einer Routenführung direkt über die Breitenfurter Straße.
Für den sehr in die Länge gezogenen 23. Bezirk bedeutet das, dass die Querverbindung von Osten nach Westen mit dem öffentlichen Verkehr um 8 verlangsamt wird. Ein Inzersdorfer Bürger, der einen Behördenweg in Liesing zu erledigen hat, muss 8 Minuten länger im Bus sitzen als notwendig.  Ein Schülerin, die in Alt Erlaa wohnt und in das Kollegium in Kalksburg zur Schule geht, muss einen 8 Minuten längeren Schulweg im Kauf nehmen.

Beispiel: 65A Steinhof / Triester Straße Umweg

Die Bus Linie 65A fährt von Wienerberg nach Straszen, einem Teil von Inzersdorf. Statt den direkten Weg an Triester Straße entlang zu nehmen, fährt die 65A einer 2290 Meter langen Umweg über die Gutheil Schoder Gasse.

2. Umsteigeknoten

Die geradlinigen Buslinien führen zu einer sternförmigen Durchbindung des Bezirkes, wobei die Buslinien sich an Umsteigeknoten treffen sollen. Diese großen Umsteigeknotenpunkte sollen effizient und übersichtlich gestaltet sein.  Für die Zufriedenheit mit den öffentlichen Verkehrsmitteln ist die Warte Situation mit entscheidend. Angenehme und attraktiv gestaltete Umsteigepunkte würden die Fahrgastzufriedenheit im Süden Wiens entscheidend verbessern.

Effiziente Umsteigeknoten

Umsteigen ist unpopulär weil:

  •  Wartezeiten
  •  Bewitterung
  •  Lange Fußwege
  •  Orientierung

Daher Umsteigeknoten mit:

  •  Umsteigemöglichkeiten bündeln
  •  Wind- und Wetterschutz
  •  Kurze Fußwege oder überhaupt selber Bahnsteig Inseln

3. Konsequente Beschleunigung

Durch die geradlinige Führung der Busse wird die Netzgeschwindigkeit erhöht. Außerdem sind die Linien so gewählt, dass die Lärmbelastung für Anrainer und der Kraftstoffverbrauch verringert werden, zum Beispiel, indem unnötige Steigungen vermieden werden. Auch das üblicherweise mit längeren Wartezeiten verbundene Linksabbiegen wird durch die geradlinige Busführung deutlich reduziert. Dabei soll die bestehende Netzabdeckung gewährleistet bleiben oder sogar verbessert werden.

Geschwindigkeitserhöhung

  • Bauliche Maßnahmen wie Randsteine versetzen
  • Hügeln nicht mehrfach erklimmen
  • Kreuzungen mit Gegenverkehr vermeiden
  • Bevorrangung mit Ampelschaltung, automatischen Schranken, Busspur, etc.
  • Möglichst geradlinige Streckenführung

Beschleunigung

Lärm u. Kraftstoffverbrauch reduzieren
mehrfache Hügeln erklimmen 58A

Steinberg wird von 60A unnötig erklommen

Betriebskosten: Neutral

Ein wichtiges Ziel ist außerdem, dass die Betriebskosten nach der Umstellung nicht höher sind als zur Zeit. Im laufenden Betrieb sollen die Wiener Linien im Vergleich zum aktuellen Busnetz keine zusätzlichen Mittel benötigen. Durch die effiziente Busführung könnten sogar Treibstoffkosten eingespart werden.

Insgesamt soll durch die verbesserte Linienführung der öffentliche Verkehr im 23. Bezirk attraktiver werden. Endziel ist es, die Fahrgastzahl zu erhöhen und der Bevölkerung von Liesing, Inzersdorf, Atzgersdorf, Siebenhirten, Kalksburg, Rodaun, Erlaa und Mauer eine attraktive Alternative zum Auto anzubieten.

Umsetzung

Das Endziel ist eine Umgestaltung des gesamten Verkehrsnetzes im 23. Bezirk. Die Umsetzung kann aber nicht von einem Tag erfolgen, deshalb ist eine phasenweise Umstellung vorgeschlagen. Viele von den Verbesserungen können sofort erfolgen, einige andere bedürfen Umbauten oder Neubauten.

Verkehrspolitik im benachbarten Umland

Bezirk Mödling

Eine regionaler Leitplan für die 20 Gemeinden in Bezirk Mödling wurde von 2014 bis 2016 ausgearbeitet. Im Leitplan, der sehr lesenswert ist, wurden gemeinsame Visionen und Maßnahmen (u.a.) für den öffentlichen Verkehr entwickelt.

Bezirk Schwechat

Bereits 2013 wurde das Verkehrskonzept Schwechat 2030 ausgearbeitet.